Duisburg/Gladbeck. Viele haben gefragt, ob es ein Wetterballon oder ein Spionageobjekt war, das am Duisburger Himmel flog. Lösung des Rätsels kommt aus Gladbeck.
Zur blauen Stunde war am Montagabend ein unbekanntes Flugobjekt über Duisburg zu sehen. Es wurde gegen 22.40 Uhr in Neudorf fotografiert, in Wanheimerort gesichtet, in Großenbaum gefilmt. Später folgten auch Meldungen aus Oberhausen. In den sozialen Netzwerken wurde das ballonartige Gebilde, an dem ein reflektierender oder leuchtender Gegenstand hing, als chinesischer Spionageballon interpretiert, Mutmaßungen gingen auch in Richtung Party- oder Wetterballon.
Wir haben uns durch halb NRW telefoniert – die unterhaltsamen Ergebnisse dieser Recherche lesen Sie weiter unten. Der entscheidende Hinweis kam aber erst nach Redaktionsschluss am späten Dienstagabend. Und so ist jetzt klar:
Flugobjekt über Duisburg: Das flog fast 500 Meter über der Stadt
Beim zunächst unbekannten Flugobjekt handelte es sich um einen Gasballon, der Montagabend gegen 22 Uhr in Gladbeck-Ellinghorst gestartet war. Dieter Graefe vom Düsseldorfer Aero Klub berichtet, dass die Fahrt am Dienstag gegen 6.30 Uhr in Frankreich endete, rund 40 Kilometer hinter der belgischen Grenze. Die Besatzung sei „wohlauf“.
Anruf bei Fahrer Wilhelm Eimers vom Niederrheinischen Verein für Luftschifffahrt 1902 e.V. in Gladbeck, der zusammen mit Axel Müller vom Aero Klub die nächtliche Tour gemacht hat. Es sei toll gewesen, berichtet Eimers, über den Ardennen sei es schon wieder hell gewesen, es gab viel zu gucken. Der 73-Jährige ist amtierender Weltmeister im Gasballonfahren. Acht Stunden bis Frankreich sind nichts im Vergleich zu seiner Rekordfahrt von der Schweiz bis Lettland in vier Tagen und vier Nächten.
Geplant seien eigentlich zwölf Stunden Fahrt gewesen, sagt Eimers, aber vor Paris war Schluss, weil 100 Kilometer drumherum sehr strikte Regeln gelten und die Ballonfahrer keine Genehmigung bekamen.
Dass seine Fahrt in Duisburg Aufsehen erregte, freut Eimers ein bisschen. Pfingsten war er auch über Duisburg unterwegs, da war es aber noch hell und er war besser als Ballonfahrer zu erkennen gewesen – auch in 500 Metern Höhe über der Stadt. Im Mittel liege die Flughöhe bei 300 Metern.
Das „Gefühl der Freiheit da oben“ ist für Eimers alle Mühe wert. Im nächsten Jahr feiert er sein 50-jähriges Jubiläum als Ballonfahrer.
Deutschlandweit nur wenige Fahrer, die solche Leistungsfahrten machen
So eine „Leistungsfahrt“ durch die Nacht würden in Deutschland nur wenige Fahrer auf sich nehmen, erklärt denn auch Graefe, allein die Vorbereitung sei aufwendig. Und der Weg für die Nachverfolger weit: Fünf Stunden warteten die Fahrer, bis die Abholer da waren.
In den Sommermonaten sei die Thermik tagsüber so stark, dass es sinnvoller sei, in der Dunkelheit zu fahren. Außerdem könne man aufgrund des viel geringeren Flugbetriebs gefahrloser fahren „und man kann ganz viel sehen!“, schwärmt Graefe.
Was die Duisburger unter dem Ballon leuchten sahen, sei eine Nachtfahrbeleuchtung, mit dem der Ballon erkennbar wird. Zusätzlich sei er über einen Transponder für die jeweiligen Fluglotsen an den Flugplätzen auszumachen.
Bleibt noch eine Frage offen: Was ist der Unterschied zwischen einem Gasballon und einem Heißluftballon? Letztere fahren in der Regel nur eine Stunde, dann ist die Propangasflasche leer, erklärt Eimers, mit dem Gas-Ballon kann man tagelang unterwegs sein.
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>>Rätselhaftes Flugobjekt: So verlief die Recherche zuvor
Zuvor hatten wir am Dienstag, 6. Juni, bei vielen anderen nachgefragt, die es wissen könnten. Klassische erste Anlaufstelle: die Polizei. Der Sprecher findet dazu aber nichts. Nicht mal Anrufe von Bürgern in der Nacht, auch keine Hinweise von Streifenwagen.
Nächste Anlaufstelle: die Pressestelle der Stadt Duisburg. Auch hier ist nichts bekannt vom Flugobjekt über Duisburg. Es sei auch nichts beantragt worden für den Zeitraum, sagt Sprecher Falko Firlus.
Versuchen wir es bei der Bezirksregierung in Düsseldorf. Hier kann man sich beim Dezernat 26: Luftverkehr „Freigaben für Aufstiege im kontrollierten Luftraum“ holen, etwa für Kinderballone, aber auch für unbemannte Freiballone, landläufig auch Wetterballone genannt. Monika Deutschmann erklärt jedoch, dass es keine Anträge für den 5. Juni gab.
Flugobjekt über Duisburg: Flugsicherung tippt auf einen Partyballon
Ob die Deutsche Flugsicherung mehr weiß? Ronald Heyne vom Tower in Düsseldorf lässt sich von uns Fotos schicken, diskutiert mit seinem Kollegen darüber und schon haben zwei Experten zwei Meinungen: Ein Partyballon, glaubt Heyne. Der sei eigentlich verboten, vor allem wenn Gegenstände wie LED-Lichter oder ähnliches dranhängen. Ein Gasballon, glaubt sein Kollege Michael Fuhrmann. Dafür spreche die Kugelform. Das flackernde Licht darunter sei womöglich eine Art Befeuerung, damit andere das Objekt sehen können.
Ein Wetterballon sei es eher nicht, sind sie sich einig: „Die steigen schnell auf in große Höhen und platzen dann irgendwann“, erklärt Heyne. Es sei unüblich, dass sie auf einer längeren Distanz zu sehen seien.
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Warum es vermutlich kein Gasballon war
Volker Kuinke vom Düsseldorfer Aero-Klub lässt die Gasballon-Theorie wieder platzen: Das sei nicht wahrscheinlich, für das Landen und Verpacken sei eine Fahrt in die Nacht hinein eher ungünstig. Von seinem Verein sei am Montag auch niemand in der Luft gewesen. Der Aero-Klub habe zuletzt Pfingsten mit zehn Ballons eine Nacht-Wettfahrt gemacht. Los ging es um 3 Uhr morgens und dann in den Tag hinein.
Ohne Referenzen sei es schwer, die Größe richtig einzuschätzen, bedauert Heyne. Sicher sei nur, dass es nichts Spektakuläres gewesen sei. Hätten wir das also auch geklärt.
>>GENEHMIGUNGSPFLICHT FÜR LUFTBALLONS UND DROHNEN
- Auf der Webseite der Bezirksregierung Düsseldorf kann man sich umfassend informieren, was man wo steigen lassen darf und welche Genehmigungen nötig sind. Will eine Schule zum Beispiel zur Abifeier Luftballons fliegen lassen, muss das ab 500 Stück genehmigt werden.
- Bis zum nächsten Flugplatz muss auch für deutlich weniger Ballons in jedem Fall ein Abstand von mindestens 1,5 Kilometer eingehalten werden.
- Für eine Genehmigung wird in der Regel eine Verwaltungsgebühr von 60 Euro erhoben.
- Auf ihrer Webseite informiert auch die Stadt Duisburg über geltende Regeln, etwa für Drohnenflüge, Scheinwerfer-Einsätze und den Massenaufstieg von Luftballons.