„Da sind einige dabei, die keinen Kinderarzt finden“, sagt die Ärztin. Sie weiß aus eigener Erfahrung, wie schwer es in Dortmund ist, einen Arzt zu finden. Vor ein paar Monaten half sie vertretungsweise in einer Kinderarztpraxis aus. Ständig riefen Eltern an und fragten, ob ihr Kind neu aufgenommen werden könne, erzählt sie. „Aber fast alle Praxen haben Aufnahmestopp. Dann nutzen die Eltern eben den Notdienst als Kinderarzt-Ersatz.“
Offene Sprechstunde reicht nicht
Derdya Demirci ist eine dieser Eltern. Ihre kleine Tochter habe Mundgeruch, trinke viel und lasse viel Wasser, schildert die junge Mutter – alles typische Symptome für Diabetes. „Ich habe Angst, ihr das vererbt zu haben“, sagt sie. „Ich will das unbedingt abklären.“ Aber mit ihrem Kinderarzt sei sie unzufrieden, fühle sich schlecht beraten.
Akut ist es bei einem kleinen Jungen im Wartezimmer nebenan. Er hat eine bakterielle Infektion, der Kopf ist dicht, die Nase läuft, die Augen sind geschwollen und rot. Einen Kinderarzt habe sie zwar, schildert die Mutter. „Aber offene Sprechstunde ist nur von 10 bis 11 Uhr.“ Was solle sie machen, wenn es danach drastisch bergab gehe?
Ein ähnliches Problem haben Aferdita Ajdini und ihre Tochter Dalina. Die Neunjährige klage immer wieder über Druck und Schmerzen in der Brust. Einen guten Arzt haben sie zwar – aber der Termin beim Kinderkardiologen zieht sich hin. „Wir haben im Juni einen Termin für Oktober bekommen. Vier Monate!“, ärgert sich die Mutter.
Ärztin Müer checkt Dalina, die Werte sind gut. Sie rät der Schülerin zu Sport und weniger Sitzen. Ihre Mutter ist beruhigt, aber in ihren Augen arbeitet der Ärger: „Wir haben sieben Stunden gewartet“, sagt sie. Trotzdem bleibt sie verständnisvoll und freundlich.
Was die Kinderärztin sonst noch erlebt, siehst du hier im Video.
Und die meisten bleiben nett. Aber die wenigen, die über die Stränge schlagen, sind die, die im Gedächtnis bleiben. „Vor allem die Väter werden schnell ungeduldig und aggressiv“, weiß Prof. Dominik Schneider. Der Ton werde rauer, sagt der Klinikchef. Um die Mitarbeitenden zu schützen, sei fast immer Security in der Kinderklinik unterwegs. Manchmal stehe der Sicherheitsmann nur im Wartezimmer – das reiche schon, um Ruhe reinzubringen und die Gemüter zu kühlen.